Erinnern Sie sich noch an ihre Grundschule? Ich meine nicht unbedingt das, was sie dort gelernt, gemocht oder nicht so geliebt haben. Ich meine die Grundschule selbst. Was machte diese aus? Die Schüler? Hmm, die sind im berliner Verfahren meist nach 6 Jahren durch und damit eher Kurzparker. Die Lehrer? Da bleiben zum Glück einige länger als 6 Jahre.
Bleiben also langlebigere Dinge wie das Gebäude und der Name, die für die öffentliche Wahrnehmung eine besondere Bedeutung haben. Ich kann z.B. erfreut berichten, dass sowohl meine Grundschule als auch mein Gymnasium in Spandau a) immer noch stehen und b) immer noch den selben Namen wie zur Zeit meines Besuchs tragen. Nun in Spandau kennt man sich mit Tradition ja auch aus. Schließlich hatte Spandau bereits Stadtrechte, als Berlin noch nicht einmal urkundlich erwähnt war. Aber das nur nebenbei.
In meiner mehr oder weniger nahen Wohnumgebung gab es vor 8 Jahren zum Zeitpunkt meiner Rückkehr nach Moabit 4 Grundschulen, die alphabetisch sortiert so hießen:
- Carl-Bolle-Grundschule (namensgebend ein märkischer Unternehmer)
- Gotzkowsky-Grundschule (namensgebend ein in Polen geborener Unternehmer)
- James-Krüss-Grundschule (namensgebend ein deutscher Dichter und Schriftsteller)
- Wartburg-Grundschule (namensgebend eine bedeutende Burg in Thüringen)
Und nun schreibe ich mal auf, was mit den Namen bzw. den Schulen passiert ist bzw. gerade passiert. Das tue ich aus subjektiver Sicht, der „die Politik“ des Bezirks Mitte und da insbesondere Bezirksstadträtin Sabine Smentek möglicherweise nicht in allen Punkten zustimmen wird. Ich wähle dazu die umgekehrte Reihenfolge der Grundschulen. Es wird sich hoffentlich erschließen, warum ich das so herum schreibe.
- Wartburg-Grundschule
Der Name dieser Schule ist getilgt. Die Schule wurde aufgegeben, obwohl sie mit kiezüberragend sehr hoher Quote an Empfehlungen für den Besuch des Gymnasiums aufwarten konnte. Die politische Sprachregelung war die einer Fusion mit einer anderen Schule auf Augenhöhe. Dazu schreibe ich lieber nichts. Ich bekomme sonst Hals. - James-Krüss-Grundschule
Der Name dieser Schule ist getilgt. Es gab eine Fusion zu einer Gesamtschule mit dem sagen wir mal leicht sperrigen Namen Erste Gemeinschaftsschule Berlin-Mitte. Das Verfahren dieser Fusion soll behutsam und demokratisch gut begleitet gewesen sein, wie mir zugetragen wurde. - Gotzkowsky-Grundschule
Der Name dieser Schule ist getilgt. Immerhin war sie als faktisch übernehmende Schule im Rahmen der sogenannten Fusion zur Miriam-Makeba-Grundschule eine wie ich vermute nur temporäre Gewinnerin. Im Zusammenhang mit dieser „Fusion auf Augenhöhe“ kommt mir auch nach Jahren der politische Begriff des Wortbruchs hoch. - Carl-Bolle-Grundschule
Dem Namen dieser Schule droht aktuell die Tilgung. Es ist ein Verfahren zur Eingliederung in die Heinrich-von-Stephan-Schule zu einer Gemeinschaftsschule eingeleitet. Mir glaubhaft vorkommende Quellen nennen den Prozess mitsprachebefreit aus Sicht der Grundschule. Interessanterweise wollten zuvor a) keine Grundschule freiwillig kooperierende Grundschule der Heinrich-von-Stephan-Schule sein und haben b) Grundschule und Oberschule vor dem Start des Prozesses jeweils ihren starken Direktor bzw. ihre starke Direktorin verloren. Seltsame Zufälle…
Symbolbild Hof der Carl-Bolle-Grundschule
Werden Namen von Grundschulen auch in anderen Teilen der Stadt derart konsequent plattgemacht? Sollte die aktuell laufende Brachialfusion geräuscharm durchgehen, schlösse sich für mich die Frage an, welche Auswirkung das auf die letzte „freie“ Grundschule im Kiez, nämlich die Miriam-Makeba-Grundschule, hätte? Nur so nebenbei: Jede dieser Fusionen kostet gefühlt nach eigener Erfahrung mindestens 2 Schuljahre Unruhe, in der der Betrieb nicht so läuft, wie unsere Kinder und die sie unterrichtenden Lehrer und engagierte Eltern das verdienen. Und das alles wozu bitteschön?