Kontroversenblogger – wider den Konsenszwang

Zeitarbeit und Rekrutierung

| Keine Kommentare

Zur volkswirtschaftlichen und politischen Dimension der Branche Zeitarbeit äußern sich Politik, Wirtschaft und Gewerkschaft bereits gern in Stanzen, auf die der Selbstdenker und Konsument einigermaßen ordentlicher Medien sofort kommt. Ich muss mich da mit keiner zusätzlichen Analyse anschließen. Mich interessieren aus gegebenem Anlass gerade die kleinen Merkwürdigkeiten der praktischen Rekrutierung. Die ergeben aneinander gereiht auch ein interessantes und anderes Bild als die aus jeweils klarer gruppenbestimmter Interessenslage herbei theoretisierten Keynotes.

Jobangebot unscharf

Nehmen wir einen Anbieter von Zeitarbeit. Der schreibt an zahlreichen Stellen im Internet oder auch in Inserate Anforderungen oder Aussagen, die bestimmte Kandidaten locken oder auch nicht. Konkret sei das „Vertriebsinnendienst, kein Verkauf“ gewesen. Daraus könnte ein Kandidat ableiten, dass es kein outbound Callcenterjob sei. Darüber hinaus waren die Angaben eigentlich zu dürftig, um sich seine Aufgabe für eine Woche spontan vorstellen zu können. Kein Speck, keine Mäuse.

unmotiviert Ansprechpartner wechseln

Es möge sich ein Kandidat mit einer Frage auf ein Inserat bei der angegebenen Kombination aus Person und E-Mail Adresse gemeldet haben. Eine Antwort von einer anderen Person wäre vielleicht seriöser, wenn ein Grund für eine Übergabe von Person A an Person B angegeben würde oder auch nur ein Bezug auf die Anfrage. Wozu wurde Person A im Inserat überhaupt genannt? Existiert diese überhaupt?

Anfrage nicht beantworten

Wenn Person B die ursprünglich an Person A gerichtete Frage nicht beantwortet und stattdessen zu einem Telefoninterview vor Ort einlädt, wird a) der Wunsch des Kandidaten nach Information glatt ignoriert und b) der Verdacht nahe gelegt, es könne sich abweichend von der Aussage „Vertriebsinnendienst, kein Verkauf“ doch um einen outbound Callcenterjob handeln, den der Kandidat nicht sucht.

sehr knappe Terminierung

In der Zeitarbeit werden Kandidaten offenbar mindestens teilweise nicht als Menschen gesehen, die auch ein Leben abseits der Arbeitssuche haben könnten. Wie kommt man sonst dazu, auch ohne konkretes Interesse an einem konkreten Job einen Termin für den nächsten Werktag anzusetzen?

Wahrheit scheibchenweise

Ein sehr zeitnaher Termin war für den Kandidaten nicht wahrnehmbar. Die schriftliche Bitte um einen späteren Termin ergänzte er um den Hinweis, dass seine Frage noch nicht beantwortet sei. In der Antwort heißt es dann:

Die Stelle auf die Sie sich beworben hatten ist in Großen und Ganzen eine Vertriebsstelle für einen Auftragsdienst. Hier müssen Sie telefonisch für verschiedene Auftraggeber Neukunden akquirieren, sowie Bestandskunden über aktuelle Angebote informieren.

Dazu habe ich Anmerkungen.

  1. Der Anfrager hat sich nicht beworben, sondern nur angefragt.
  2. „im Großen und Ganzen“ und nicht „in Großen und Ganzen“
  3. Akquirieren soll kein Verkauf sein?
  4. Das ist Callcenter gemischtes Gemüse und kein Vertriebsinnendienst.

Moral von der Geschicht

Die auf einer realen Begebenheit basierende Geschichte hat aus einem möglichen Kandidaten ohne Not jemanden gemacht, der kurz davor ist, Ross und Reiter zu nennen und vor dessen Arbeit zu warnen. Sollte ich jemals Personal benötigen, kommt dieser Anbieter für mich nicht in Frage. Sollte mich jemand fragen, werde ich von seiner Buchung abraten. So wird das nichts mit dem Kampf um Talente. Und das nicht mal beim Kampf um den nächsten zu verschleißenden Callcenter Agent. Schwach.

Verwandte Beiträge

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.