Ein Ort wird verändert. Nicht er ändert sich. Sondern das ist etwas, was Menschen tun. Anders als andere Lebewesen ist der Mensch an sich nämlich auch in der Lage, Dinge bleiben zu lassen. Ob aus Druck, einer Einsicht oder in Erwartung eines höheren persönlichen oder gesellschaftlichen Nutzens. Soviel als philosophische Einstimmung.
meine Stationen
Der ursprünglich sommerwassersportlich nutzbare Teile des Arreals am Poststadion kam bislang mehrfach in meiner Biografie vor. Leider sieht es derzeit so aus, als würde das dauerhaft enden.
Kindheit
Nach meiner verblassenden Erinnerung wurde ich schon Ende der sechziger Jahre in elterlicher Begleitung zum Schwimmen ins Poststadion expediert. Die Großeltern wohnten um die Ecke Alt-Moabit und ich bin schließlich auch im Krankenhaus Moabit geboren. Wenn ich richtig liege, ging es entweder um mein erstes Sportabzeichen (wahrscheinlicher) oder den Freischwimmer, wie das damals noch hieß.
Abwesenheit
Mein Aufwachsen in Spandau, mein Studium und beinahe 20 Jahre im schönen Friedenau haben mich dem Moabiter Wasser entwöhnt.
Businessplanwettbewerb Berlin Brandenburg
Im Rahmen meiner Aktivitäten beim Businessplanwettbewerb Berlin Brandenburg (derzeit als Juror) hatte ich es 2006 mit einem Team zu tun, welches dem Kiez die Tentstation gebracht hat. Hier eine Pressemitteilung dazu. Besonders charmant neben den handelnden Damen am Konzept fand ich den Ansatz der Zwischennutzung samt der dafür zuständigen Agentur.
Gentrifizierungssymbol
Nun aber soll die Fläche, die immer auch für die einfachen Leute gedacht und genutzt wurde ein Wandlung erfahren: Hin zum Filetstück. Die Lage gibt es sicherlich her. Ob es klug ist, wird sich noch erweisen. Ich picke mal ein paar Vokabeln aus der Startseite der zukünftigen Betreiber des neuen Ortes, die zeigen, wer dort demnächst hingehört (und wer nicht):
- Luxus Resort
- gehobene SPA- und Wellness-Anlage
- Premium Hideaway
- stilvolles wie luxuriöses Refugium
weiter führende Fragen
- Flächennutzungsplan
Ob juristisch und verwaltungstechnisch sauber oder nicht: Ist es kluge Stadtentwicklungspolitik, Flächen aus bislang allgemeiner Nutzung für breite Bevölkerungsschichten über Marktmechanismen (hoher Eintrittspreis) faktisch für Geldeliten zu privatisieren? - Jugend und Sport
Welche Signale sendet es aus, wenn öffentliche Sportflächen zu privaten Renditeobjekten gemacht werden? Hat die Politik und damit die repräsentierte Mehrheit ihre Gestaltungsmöglichkeit für das Gemeinwesen aufgegeben und die Zukunft an die Wirtschaft delegiert? - Etat für JVA
Ich habe ein Zeit lang überlegt, ob ich die folgenden überspitzte Formulierung verwenden soll oder nicht. In Zeiten des Wegkuscheln und betretenen Schweigens muss das wenigstens einer machen, oder? Hat mal jemand eine Berechnung versucht, wie viel es kostet, wenn über den Mechanismus eines verschlechterten Sport- und Freizeitangebotes manche Karriere auf der schiefen Bahn beschleunigt wird? Sprich: Nix zu tun und statt Schwimmbad ab zum nächsten Delikt, was in einem sozialen Brennpunkt wie Moabit leider mehr als nur vorstellbar ist?
Erklärung Überschrift
Für alle, die sich noch fragen, was es mit der Überschrift des Beitrags auf sich hat: Schwimmbad ist etwas, worunter sich jeder etwas vorstellen kann. Die Tentstation hat auch eine klar erkenbare Linie als urbaner Zeltplatz. Allein das von mir Dingenskirchen genannte Zwischenlager gehetzter Eliten erschließt sich nicht jedem der Nachbarn…
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