Zeitungskiosk
Das Geschäftsmodell eines Zeitungskiosk besteht u.a. darin, an seinem Standort regelmäßig erscheinende Druckerzeugnisse an bargeldrausrückende Frau und Mann zu bringen. Unter der Flagge Druckerzeugnis segeln seriöse Produkte von Verlagen, die so altbackene Dinge wie denkende Redakteure, Zeit für Recherche und Personal für Korrekturlesen einplanen und auch fair bezahlen. Mehr als eines dieser Qualitätsblätter schafft diesen Kram ja Schritt für Schritt ab, wundert sich über die wirtschaftlich negativen Folgen und beschäftigt vermutlich nur noch ein oder zwei Sozialpädagogen, die ahnungsarme Praktikanten beim betreuten Herumschreiben beobachten und ggf. tröstend herbeispringen, wenn mal wieder Anspruch und Realität praktikantengemütserschütternd zuschlagen.
Die bildhaft arbeitende Yellowpress lassen wir mal aus, weil das vom Niveau her nahezu durchgängig unterhalb des Süßwarenangebots eines ordentlich geführten Kiosks liegt.
Bleiben Boulevardblätter, die einzelne Themen oft gerade mal knapp abmahnsicher dämlich präsentieren, solange das Publikum in seiner a) spannerhaften oder b) stammtischzornigen Dumpfheit zum Wiederholungskauf gelockt werden kann. Auf eine meiner Meinung nach vollends freidrehende Überschrift eines solchen Blattes stieß ich im Mai 2013.
Ton und Interpretation
Ich zitiere mal für die Suchmaschine, weil die ja nur Text und kein BILD lesen kann:
Irrer Plan aus Pankow | Kommen bald Parkplätze nur für Mini-Autos?
Ton
Ich empfinde eine Überschrift der Art „Irrer Plan aus Pankow“ als im besten Falle reißerisch. Er bedient aber aus meiner Sicht eher den Reflex, auf Entscheider jeglicher Art sicherheitshalber auch ohne Kenntnis irgendwelcher Fakten einzudreschen. Immer schön auf „die da oben“. Das hat den Geschmack der Ansprache niederer Instinkte aus geschäftlichen Gründen. Dass der eigentliche Inhalt mit einem Fragezeichen versehen wird, ist meiner Ansicht nach eher taktischer Natur. Das Fragezeichen lässt zu, dass keine ggf. juristisch angreifbare Tatsachenbehauptung ausgesprochen wurde. Für Leser, die mit der Funktion des Fragezeichens vertraut sind, ergibt sich der Cliffhanger (Was ist da wirklich dran? Wie geht geht es weiter?).
Interpretation
Ich habe den Artikel zu dem bislang zitierten Wortauswurf nicht gelesen. Das bekommt meinem zarten Gemüt nicht. Ab hier vermute ich nur die Stoß- bzw. Rempelrichtung des Beitrages. Gern beantworte ich die Frage, warum aus meiner Sicht Autofahrer und USA attackiert werden.
- Autofahrer dürfen sich angegriffen werden, weil ein Vorschlag zur Erhöhung der Zahl der Parkplätze weggepöbelt werden soll. Machen Sie mal den Test mit Spielzeugautos, Bauklötzen oder mit Papier und Bleistift: Wenn alle Parkplätze einer gegebenen Fläche die Größe des größten Fahrzeuges haben, erhält man weniger Stellplätze als wenn man auch gezielt solche schafft, wo bezüglich der Größe maximal ein VW Golf oder ein anderes Fahrzeug passt.
- Die USA dürfen sich auch angegriffen fühlen. Ausgerechnet von der sie sonst gern kritik- bis kopflos unterstützenden Boulevardpresse. Warum? Bereits Anfang der 80er Jahre habe ich im kalifornischen Silicon Valley vor Supermärkten Stellplätze gesehen, auf denen „Compact“ stand. Diese Parkplätze waren um einiges kleiner als die für ansonsten übliche Amischlitten. Dahinter dürfte der ökonomisch verständliche und planerisch kluge Wunsch gestanden haben, lieber ein paar mehr Fahrzeugen und damit Kunden Platz bieten zu können.
Empfehlungen
Mir fallen drei Empfehlungen ein, die ich hier gern teile:
- Erst denken dann schreiben. Wenn ich es recht überlege, wiederspräche diese auf die Boulevardblätter zielende Empfehlung dem Geschäftsmodell des eskalierenden Geblökes, so dass ich mir da keine ernsthaft begründeten Hoffnungen mache.
- Denkfernen Job suchen. Diese eher auf den Redakteur zielende Empfehlung scheint mir auch eher Wunschgedanke, weil die in meinen Augen erbrachte Fehlleistung vermutlich Vorgesetzte und Aktionäre eher ergötzt als schockiert.
- Finger weg von verlagsfrischem Altpapier. Hier wende ich mich an meine Leser und empfehle gern den Verzicht, solche Druckerzeugnisse durch Kauf am Leben zu erhalten. Die Gesellschaft braucht kein Blatt in dieser Qualität. Word.